Ein wirklich interessanter Bericht wurde gestern auf orf.at veröffentlicht
Der die Situation vom Feuerwehrwesen in der Coronazeit, auch im Zusammenhang mit den versprochenen schnellen Impfungen, die es dann doch nicht gab, sehr gut beschreibt und darstellt.
Der Bericht hier gleich zum Nachlesen:
Viel war in der Pandemie der letzten eineinhalb Jahre von jenen Kräften quer durch die Gesellschaft die Rede, die das Funktionieren des Landes in einer Ausnahmesituation gewährleistet haben. Eine Gruppe blieb dabei etwas unsichtbar: die Freiwilligen Feuerwehren. Dabei sind sie gerade immer dann zum Einsatz gekommen, wenn bei anderen Einsatzkräften Mittel und Möglichkeiten erschöpft waren. Für mehr Sichtbarkeit will man nun, gerade am Ende der Pandemie, kämpfen. Was nicht leicht ist. Stehen die Freiwilligen Feuerwehren doch zwischen sehr vielen Zuständigkeiten.
Für die beinahe 4.500 Freiwilligen Feuerwehren quer durchs Land waren die letzten eineinhalb Jahre Pandemie eine besondere Herausforderung. Und noch sind diese Herausforderungen auch nicht vorbei. Dass es in Österreich eigentlich nur sechs Berufsfeuerwehren gibt – und der Rest der hauptberuflichen Feuerwehren auf Betriebseinrichtungen fallen, wird in Österreich gern vergessen – etwa, wenn man in einer großen Stadt wohnt. 340.000 Menschen, davon mittlerweile auch 26.000 Frauen, sind quer durch das Land in Freiwilligen Feuerwehren tätig – und in den vergangenen Monaten gerade dann rund um Teststationen und CoV-Maßnahmen sehr beschäftigt gewesen.
„Die Bekämpfung einer Pandemie ist nicht Kernaufgabe der Feuerwehr“, sagt der Sprecher des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbands (ÖBFV), also des koordinierenden Dachverbands über allen lokalen Feuerwehren, Andreas Rieger, gegenüber ORF.at: Man sei sich aber der hohen Verantwortung und der Stellung der Feuerwehr in der Bevölkerung, des hohen Vertrauens und der Glaubwürdigkeit bewusst gewesen, weshalb man sich dazu entschieden habe, Leistungen außerhalb des Feuerwehrspektrums zu übernehmen. Konkret heißt das auch: zusätzlich zum Tagesgeschäft. Aber, so Rieger: „Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen.“
Pandemie als Herausforderung
Wie für die gesamte Bevölkerung sei die Pandemie eine große Herausforderung gewesen. Und auch wenn man von den Maßnahmenverordnungen ausgenommen gewesen sei, erinnert Rieger, so hätten alle Landesfeuerwehrverbände unterstützende Tätigkeiten mitgetragen. In Vorarlberg etwa half die Feuerwehr bereits im März des Vorjahres als Unterstützung bei den Grenzkontrollen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Insgesamt seien die Freiwilligen Feuerwehren am häufigsten bei Logistikunterstützungen und bei der Betreuung und Personenführung bei Teststraßen zum Einsatz gekommen, ist aus der Koordinationsstelle zu erfahren. Die Mehrbelastung während der Pandemie habe aber dazu geführt, dass man den Lehrgangsbetrieb in den Feuerwehrschulen habe einstellen müssen. „Übungen und das ‚Feuerwehrleben‘ sind zur Reduktion des Infektionsrisikos auf absolut notwendige einsatzrelevante Tätigkeiten (Einsätze, Wartung- und Instandhaltung) heruntergefahren worden“, erzählt Rieger.
Finanzielle Folgen
Die Auswirkungen der Pandemie sind auch in der Finanzierungsstruktur der Freiwilligen Feuerwehren zu spüren. Der Reinerlös aus Veranstaltungen etwa sei um 100 Prozent eingebrochen. Laut internen Recherchen des ÖBFV würden mehr als 100 Millionen Euro in den Feuerwehrkassen pro Jahr fehlen. Was sich wiederum auf die Ausstattung niederschlage, so die Information aus dem ÖBFV. Die Feuerwehr ist die einzige Einsatzorganisation, die zur Mitfinanzierung verpflichtet ist. Die Finanzierung eines Feuerwehrfahrzeuges wird klassischerweise durch drei Säulen getragen: Eine Säule trägt die Gemeinde. Eine weitere Säule wird durch Förderungen gewährleistet, etwa aus dem Katastrophenfonds. Die dritte Säule aber muss die Feuerwehr selbst stemmen. „Das bedeutet, dass die Feuerwehren einen wesentlichen finanziellen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft leisten, auch wenn diese im Verantwortungsbereich der jeweiligen Gemeinde liegt“, erläutert Rieger.
Feuerwehr ist Ländersache
Der Bundesfeuerwehrverband als Dachorganisation nimmt eine koordinierende Funktion ein. Anschaffen kann man einander nichts. Und vieles muss deshalb auch im Konsens beschlossen werden, was bei acht betroffenen Bundesländern (Wien hat ja eine Berufsfeuerwehr) keine immer ganz leichte Sache ist (siehe Infokasten). Eine weitere Schwierigkeit für die Feuerwehren und ihren Dachverband. Zuständig sind zudem viele Ministerien: das Innenministerium ebenso wie über die Rolle des Ehrenamts das Lebensministerium von Elisabeth Köstinger (ÖVP). Und in der Pandemie schließlich auch das Gesundheitsministerium. Dezidiert zu den Feuerwehren hat sich stets Köstinger als Zuständige für das Ehrenamt zu Wort gemeldet, wobei die Feuerwehren hinzufügen: Wie ein klassischer Verein wolle man auch nicht behandelt werden, erfülle man doch Leistungen, die weit über die Arbeit in einem Verein hinausgingen. Mit dem jetzigen Innenminister, so hört man aus der Bundesvertretung der Feuerwehren, habe es bisher noch keinen Kontakt gegeben.
Präsident ortet Versäumnisse rund ums Impfen
Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes ist der Feuerwehrmann und ehemalige Chef des Steirischen Landesfeuerwehrverbandes, Albert Kern. Seine Vita ist stellvertretend für viele Feuerwehrmitglieder im Land. Denn oft wird die Mitarbeit in der Feuerwehr über Generationen weitergegeben. Schon der Großvater und der Vater waren für die Feuerwehr tätig. Was Kern besonders aufstößt, ist der Umstand, dass man auf die Leistung der Feuerwehren gern zurückgreife, dass man aber entgegen der Empfehlungen des nationalen Impfgremiums anders behandelt worden sei als Mitglieder von Polizei, Rettung oder Bundesheer. Das Argument habe gelautet: Die Feuerwehr hätte zu viele Mitglieder. „Die österreichischen Feuerwehren haben mit großer Sorgfalt und höchst professionell auf die Auswirkungen der Pandemie reagiert und die Einsatzbereitschaft während dieses schwierigen Jahres aufrechterhalten“, sagt Kern in seiner Funktion als Sprachrohr aller Feuerwehren in Österreich. Trotz dieser Einschnitte hätten Frauen und Männer bei der Feuerwehr Zeit gefunden, sich für Mitmenschen einzusetzen und zu helfen.
„Dass dieses Engagement im Hinblick auf eine Gleichstellung mit anderen Einsatzorganisationen bei der Covid-Schutzimpfung komplett ignoriert und mit Füßen getreten wird, ist absolut unverständlich“, empört sich Kern. So gehe man nicht mit Menschen um, die den Schutz fremder Menschen über das eigene Wohl stellten.
Hoffnung auf verbesserte Wahrnehmung
Überhaupt, so war auch heuer bei einem Gespräch mit den Mitarbeitern der Feuerwehren bei einem großen gesamtösterreichischen Workshop zu spüren, kämpfen die Feuerwehren mit dem Gefühl, dass man im Land ein bisschen zu selbstverständlich genommen werde. Von einer „Vollkaskogesellschaft“ war da gegenüber ORF.at die Rede. Auch wenn das Vertrauen in die Feuerwehr groß sei, so hörte man, führe die Verselbständigung dazu, dass die Unterstützung nachlasse – die Feuerwehr aber zugleich für die kleinsten Einsätze stets bereitstehen solle. Dieser Spagat, so könnte man am Ende der Pandemie für die freiwilligen Kräfte Bilanz ziehen, werde sich auf Dauer nicht „ausgehen“, wie es so treffend im Österreichischen heißt.
Ein weiterer Wunsch: ein größerer Blick vom Osten in die Regionen und Täler hinein. Oft habe man das Gefühl, dass auch die mediale Wahrnehmung der Arbeit der Feuerwehr für Wiener Medien in Tulln ende.
Gerald Heidegger, ORF.at